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Überarbeitung

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Überarbeiten und Umschreiben: Die letzten Qualen

Weshalb und was muss überarbeitet werden Autorengruppen und wie man damit umgeht

Autorengruppen wirst du überall finden. Autoren suchen immer die Gesellschaft anderer Autoren. Das gehört zu ihrem Naturell. Es gibt im Wesentlichen drei Arten von Autorengruppen.

Bei einer enthusiastischen Gruppe macht es Spaß dazuzugehören. Jedes Mal, wenn jemand eine Arbeit vorliest, hört sich die Kritik ungefähr so an: Das Bild von der Blume, die durch den Swimmingpool hindurch wächst, fand ich einfach genial. Ich alle deine Frage mehr geliebt als meine eigene Mutter. Ach ja, und die grüne Schildkröte auf der Krawatte war eine wunderbare Grundmetapher.

Bei dieser Art Gruppe gibt es oft Kaffee und Kuchen und man trifft sich hin und wieder zu einem Fondue. Nachdem deine Arbeit vorgelesen und besprochen wurde, wirst du mit dem Gefühl nach Hause gehen, du bist reif für den Nobelpreis. Es ist einfach wunderbar. Leider hat diese Art von Gruppe mehr Autoren ruiniert als der McCarthy- Ausschluss. Bleibst du zum Kuchen, bringst du Mixed Pickles zum Fondue mit, doch lässt du diese Leute ihre Arbeit nicht lesen, auch wenn sie dich bezahlen. Schmeicheleien nützen dir überhaupt nichts. Es zerstört lediglich deine Motivation, wenn man dir einredet, dein höchst dürftiges, von Fehler wimmelnder erster Entwurf sei bereits ein vollendetes Meisterwerk.

Eine literarische Gruppe ist schnell ermittelt. Fragst du den Leiter, ob er Joyce` Finnegans Wake mag. Wenn er mehr als die ersten, drei Absätze gelesen hat, dann weist du, dass du in einer literarischen Gruppe bist. Diese Art Gruppe wird ihre Arbeit lesen und sie mit dem Werk der Weltliteratur vergleichen. Man wird Dinge sagen wie: Oh, du sollst Smirnoffs Bekenntnisse eines Verrückten lesen. Du wirst dort mehr über Existentialismus, die Magistern und über Freunde Symbole erfahren, als du jemals für möglich gehalten hättest. Literarische Gruppe tischen Brie und Weißwein auf. Käse und Wein sind oft sehr gut. Die Kritik ist durch die Bank sehr schlecht. Es wird dir kein bisschen weiterhelfen zu wissen, dass du wie Betty McFauncy schreibst. Die Art von Schriftstellern, die du hier triffst, wird experimentelle Prosa schreiben. Warum du experimentierst und um was es genau bei diesem Experiment geht, werden die meisten von dir nicht wissen.


Die destruktiven Gruppen sind die einzige, die wirklich etwas bringen. Wenn du zum ersten Mal zu einer destruktiven Gruppe gehst, wirst du glauben, du bist einer neue Art von Psychotherapie gelandet, bei der es darum geht, das Selbstbewusstsein des Autoren zu zerstören. Du wirst Dinge hören wie: Nun mach schon, möbeln sie auf, deine Figuren benehmen sich wie ein Haufen Schlappschwänzen. Diese Typen sollen Marine sein, keine Figur! Das ist destruktive Kritik, so wie sein sollte. In manchen Workshops sind Angriffe auf die Person des Autors erlaubt. Dort wirst du dinge hören wie: Du schreibst so einen lahmen Scheiß, weil du nur eine Hausfrau bist. Sieh dich erst mal in der Welt um! Oder: Du liest sich, als ob es von einem Republikaner geschrieben wäre, usw. Die meisten destruktiven Literaturgruppen beschränken ihre Kritik jedoch auf den Text. Du hast viel Spaß daran, deine kostbare Prosa durch den Wolf zu drehen. Das ist gut so. Das ist hart einzustecken, doch Stahl macht man nicht in einer warmen Badewanne, man macht ihn im Hochofen.


Du musst jedoch vorsichtig sein. Kritik versuche häufig, einem Autor dazu zu bringen, das Buch zu schreiben, dass sie selbst gerne schreiben würden. Bist du sicher, dass das, was du überarbeitest, dein Buch ist, und nicht das eines anderes. Stellst du dir die Frage, wie du es umschreiben könntest, indem du auf die Kritik eingehst, ohne deine Prämisse zu ändern.


Wie man ohne eine gute Gruppe zurechtkommt

Wenn du keine destruktive Gruppe findest und weder noch Energie oder die Lust findest eine selbst zu gründen? Dann musst du deine Kritiker werden und deine Freunde bitten, ihnen zu helfen.

Eine Möglichkeit, die Wahrheit aus deinen Freunden herauszuholen, so sehr du damit auch hinterm Berg festhältst, besteht darin, ihnen zusagen, das Manuskript habe jemand anders geschrieben. Freunde zu kritisieren, doch du wüsstest doch einfach nicht, was du sagen sollst. Du brauchst Hilfe. Das befreit deine Freunde, von der moralischen Last, freundlich zu sein.


Der potentiell beste Analytiker deiner Geschichte bist immer du selbst. Selbstanalyse ist eine erlernbare Fähigkeit. Mit etwas Übung kannst du es darin zum Meister bringen. Weil es zum künstlerischen Schaffen dazugehört, fängst du am besten gleich damit an. Lese dein Manuskript noch einmal. Tue so, als hätte es jemand anderes es geschrieben hätte. Tue du so, als ob es sei es ein kranker Patient wäre und du der Arzt, der Übel diagnostiziert. Eine nützliche Methode besteht darin, ihren Roman auf Bund zu sprechen und ihn dann wieder abzuspielen.

Es ist leichter, objektiv zu sein, wenn du dein Manuskript einige Zeit beiseitelegst, bevor du anfängst, es zu analysieren. Drei oder vier Monate wären nicht zu lang. Einige Autoren warten ein ganzes Jahr. In der Zwischenzeit kannst du an einem anderen Manuskript arbeiten.


Das Wichtige bei der Überarbeitung ist deine Einstellung. Wenn du überarbeitest, musst du absolut unbarmherzig im Hinblick auf Kürzung, Streichungen und Veränderungen sein.


Analysierst du deine Geschichte Schritt für Schritt selbst

Die erste Frage, du dir stellen musst, ist, ob du deine Prämisse bewiesen hast. Wenn du zeigen willst, dass Habgier zur Zufriedenheit führt, fragst du dich, ob dir das wirklich gelungen ist, oder ob deine Geschichte etwas anderes zur Zufriedenheit führt? Glück zum Beispiel. Wenn es Glück und nicht Habgier ist, müssen du dein Manuskript umschreiben, so dass tatsächlich Habgier und nicht Glück zur Zufriedenheit führt. Frage dich, ob du die Gefühle des Lesers angesprochen und ihm die Möglichkeit gegeben hast, sich mit einer Figur zu identifizieren. Hauptfiguren sollten von einem Pol zum anderen wachsen. Tun ihre das? Hast du deine Figuren mit sich entwickelnden Konflikten konfrontiert? Sind die Konflikte jemals statisch? Sind sie manchmal sprunghaft? Sind die Szenen und Episoden unterschiedlich; hast du Wiederholungen vermieden? Fängt die Geschichte an der richtige Stelle an? Ist der Höhepunkt revolutionär? Ist er zufrieden stellend? Enthalten Höhepunkt und Lösung eine Überraschung? Sind Höhepunkt und Lösung genutzt worden, um starke Gefühle zu mobilisieren. Gibt es poetische Gerechtigkeit oder Ironie? Zeit die Geschichte viele Facetten der Hauptfiguren? Werden verschiedene emotionale Zustände erkundet? Sind die Figuren am Ende vollkommen offen gelegt? Bist du Konflikte aus dem Weg gegangen, die man hätte ausbeuten sollen? Wurden alle wesentlichen Handlungen vollständig beschrieben? Überprüfe du jede Szene. Findet in ihr eine Steigerung des Konflikts statt? Ist so spannend wie möglich? Wenn du ohne nachteilige Wirkung gekürzt werden kann, sollte man sie kürzen. Überprüfe jede Dialogzeile. Drückst du einen Konflikt aus? Trägt es zur Figurenbeschreibung bei? Treibt sie die Geschichte voran? Ist das Geschriebene sinnlich, spricht es Geschmack, Geruch, Gehör, Gesicht, Gefühl und den sechsten Sinn, die Psyche an? Bringe dort, wo es möglich ist, humorvolle Stelle ein?


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